Womit vertreibt man sich als Held so den Tag?
von Miriam Strieder
Klar, Helden sind ziemlich coole Typen – sonst würde es nicht unzählige Geschichten über sie geben: Denkt nur an die vielen Abenteuer von Ryder und Chase aus Paw Patrol. Über Helden zu erzählen und von ihren Taten zu hören oder zu lesen, macht Spaß. Man fühlt sich dann auch ein bisschen heldenhaft, und außerdem tut es gut zu wissen, dass es da draußen so coole Typen gibt, die alles im Griff haben.
Geschichten über Helden gibt es schon seit vielen tausend Jahren – vor fast 5000 Jahren erzählt das Gilgamesch-Epos von einem König, der so stark ist, dass er sogar einen göttlichen Stier überwältigen kann. Habt ihr schon den Disney-Film über Herkules gesehen? Das war ein griechischer Held, der so einige große Taten vorweisen kann: die Hydra erlegen, mit Zentauren und Löwen kämpfen, Hirsche, Stiere und andere Tiere einfangen oder zähmen und sogar Cerberus, den Wachhund der Unterwelt, an die Erdoberfläche zerren – wer schon mal mit einem unmotivierten Hund spazieren gehen wollte, weiß, was das für eine Kraftanstrengung ist! Helden müssen also große Taten vollbringen.
Und was machen sie sonst so? Sie haben zum Beispiel oft kluge Lehrer, denen sie zuhören, weil sie etwas über die Welt lernen wollen. Siegfried, ein Held aus Nordeuropa, ist ein Lehrling eines Schmieds, Ortnit, ein etwas vertrottelter Held aus dem Mittelalter, hat einen klugen Zwergenvater, der ihm ab und zu den Kopf gerade rückt, Sundiata, ein afrikanischer König und Held, wird von dem Herrscher der Mema unterstützt, sodass er am Ende sogar als »Löwe von Mali« bezeichnet wird.
Und wenn ihr jetzt denkt, dass Helden nur stark sein müssen und ab und zu die Lauscher aufsperren sollten, dann stimmt das nicht so ganz: Odysseus, der als der listigste Held gilt, hat sich das trojanische Pferd einfallen lassen und Ödipus kann das Rätsel der Sphinx knacken. Meistens zeigt sich der Verstand der Helden darin, dass sie auch nicht gerade auf den Mund gefallen sind: Beowulf, ein Held aus England vor über 1000 Jahren, redet einen seiner Gegner in Grund und Boden, ohne auch nur nach dem Schwert zu greifen. Byrthnoth, auch ein Held aus dem alten England, liefert sich ein Rededuell mit den Wikingern, bevor es dann richtig zur Sache geht.
Wenn das jetzt alles so klingt, als sollte man unbedingt einen Helden als Freund haben, dann solltet ihr ganz vorsichtig sein, wen ihr euch aussucht: Ryder und Chase sind okay, auch der Herkules aus dem Disneyfilm ist eine ganz gute Wahl, und mit Beowulf kann man auch ganz gut befreundet sein, aber bei allen anderen wäre ich an eurer Stelle vorsichtig, denn die meisten Helden sind ziemliche Egoisten: Ihre großen Taten vollbringen sie, damit sie berühmt werden oder das bekommen, was sie unbedingt haben wollen.
Das ist vielleicht der Grund, warum einige Helden trotz aller Großartigkeit so unsympathisch wirken – sie denken erstmal an sich selbst, an ihren Ruhm und daran, dass man später tolle Geschichten über sie erzählen soll. Da ist mir so jemand wie Bilbo aus dem »Kleinen Hobbit« lieber: Er kann ganz schön heldenhaft sein, aber die meiste Zeit denkt er doch an ein gutes Essen, ein warmes Bett und wie gemütlich es bei den Elben in Bruchtal war.
Und was ist mit den Heldinnen? Die gibt es auch, aber gar nicht so oft wie die Jungs. Vor 2000 Jahren hat man sich tolle Geschichten von einer Königin erzählt, die über ein Volk von kriegerischen Frauen, den Amazonen, herrschte. Später gab es dann Brünhild, eine wahnsinnig starke Frau, die nur den Mann heiraten wollte, der sie bei einem sportlichen Wettkampf besiegen konnte. Inzwischen gibt es zum Glück viel mehr Heldinnen: Hermine aus »Harry Potter« hat’s ziemlich drauf, ihre Freunde heldenhaft zu retten, Ronja Räubertochter ist eine waschechte Heldin.
Verratet ihr uns dann auch, wer euer Lieblingsheld oder eure Lieblingsheldin ist und warum?