Wie man ein Buch im Mittelalter macht

von Miriam Strieder

Bücher gehören zu unserem Leben dazu wie Schokolade und Legosteine. Und Bücher sind etwas Tolles, denn sobald man in ihnen liest, reist man durch Zeit und Raum: Ihr wollt mal zu einer Insel mit einer echten Burgruine rudern – kein Problem, lest einfach die Fünf Freunde. Ihr wollt einen Ritter treffen – Ritter Rost wartet schon auf euch, auch wenn er vielleicht nicht ganz so ritterlich ist wie erwartet. Bücher sind einfach toll. Das weiß man schon ganz lange, denn Bücher gibt es schon seit mehr als 1500 Jahren. Vorher hat man auf Papyrusrollen geschrieben, die man nicht umblättern, sondern nur aufrollen konnte – nicht gerade praktisch. Papyrus ist eine Pflanze, die unter anderem in Ägypten wächst und aus der man einen Stoff herstellen kann, auf dem man dann schreiben kann.

Rhind Mathematical Papyrus.; CC0 Wikipedia

Im Laufe der Zeit wurden die Rollen aber zu unpraktisch, auch weil sie ganz leicht Feuer fingen. Also hat man sich überlegt, auf was man sonst noch schreiben könnte: Die Römer schrieben auf Tontäfelchen, aber die waren schwer und wenn man sie fallen lässt, sind sie sofort kaputt. Sie haben auch auf Holz geschrieben, aber das war auch nicht praktisch, weil man die Schrift schlecht lesen konnte.

 

Irgendwann ist man auf den Gedanken gekommen, Pergament zu benutzen und das war ziemlich clever. Pergament ist aus Tierhäuten gemacht, von denen man das Fell entfernt hat. Wenn man es dann lange genug einweicht und abschabt, entsteht ein Material, das dünn und leicht ist, recht reißfest, glatt und von einer hellen Farbe, sodass man gut darauf schreiben kann. Außerdem brennt es schlecht. Nur: Man kann es nicht rollen. Deshalb hat man sich überlegt, dass man es in Stücke schneidet und zusammenbindet – und so kam man zu einem Buch.

Das war alles ziemlich aufwendig, deshalb waren Bücher wertvoll und selten. Noch dazu konnten die meisten Menschen gar nicht richtig schreiben oder lesen – das war teilweise bis vor 100 Jahren noch so. Bücher brauchten also auch nur ganz wenige Leute, meistens lebten die in Klöstern und waren Mönche oder Nonnen. Die schrieben nicht nur viele Gebete, Segen und Bibeltexte auf, sondern auch wissenschaftliche Entdeckungen, Zaubersprüche oder Chroniken. Chroniken erzählen, was in der Vergangenheit passiert ist. Erst später hat man dann auch Geschichten aufgeschrieben wie die über König Artus, den Ritter Parzival oder Helden. Vorher hat man sich die einfach erzählt.

Noch ist unser Buch aber leer – wir brauchen ja noch Tinte, um etwas auf das Pergament schreiben zu können. Heute kauft man die einfach in Patronen, aber im Mittelalter musste man sie noch selbst herstellen, und das war gar nicht so einfach. Es gab verschiedene Rezepte, wie man Tinte anrühren konnte – die einfachste war aus Ruß und Wasser, aber sie verwischte sehr schnel,l und man durfte auf keinen Fall Wasser auf die Seite tropfen lassen. Andere Tinten waren zwar haltbarer, aber auch sehr aufwendig in der Herstellung: Man brauchte zum Beispiel Wein, Schlehen, Baumharz, und das Ganze dauerte mehrere Tage.

Zum Schreiben benutzte man einen Federkiel, meistens von einer Gans. Die könnt ihr heute noch kaufen und mal ausprobieren, wie schwierig es ist, damit zu schreiben, ohne zu klecksen.

Viele Handschriften des Mittelalters bestehen aber nicht einfach nur aus Text, sondern haben auch ganz tolle Bilder. Und die ganzen Farben, die man dafür braucht, musste man natürlich selbst herstellen: Das ist teilweise echtes Blattgold, Rot von einer Purpurschnecke oder Blau aus einem Halbedelstein, der Lapislazuli heißt. Der kommt im Mittelalter aus dem fernen Osten und Russland und ist entsprechend wertvoll.

T’oros Roslin Gospels, Canon Table, Walters Manuscript W.539, fol. 4r; CC0 1.0 Walters Art Museum Ms.

Papier, auf dem wir heute schreiben, kam zwar schon vor 900 Jahren nach Europa, aber es ersetzte das Pergament erst vor ungefähr 500 Jahren. Ab da wurden die Bücher den Büchern, die wir heute kennen, immer ähnlicher, aber das ist eine andere Geschichte …

 

Bildquelle Titelbild

Codex Manesse ausgestellt in der Universitätsbibliothek Heidelberg.jpg; CC BY-SA 4.0 Deed; Autor: Georg Buzin; Link: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Codex_Manesse_ausgestellt_in_der_Universit%C3%A4tsbibliothek_Heidelberg.jpg