Einer, der auszog, um Ritter zu werden

von Miriam Strieder

Wie wird man eigentlich Ritter? Diese Frage stellt sich für den jungen Parzival gar nicht, denn er ist … naja … ein bisschen doof. Er weiß ja noch nicht einmal, wie er heißt, denn seine Mama ruft ihn immer nur »lieber Junge« und »guter Junge«.

Parzival wächst im wahrsten Sinne des Wortes im Wald auf – seine Mama hat nämlich die Nase voll von Burgen, Rittern und Kämpfen und will nicht, dass ihr Sohn Ritter wird. Also am besten keine Ritter hören, sehen, von ihnen zu reden ist auch streng verboten! Parzival läuft also den lieben langen Tag durch den Wald und es kommt, wie es kommen muss: Eines Tages begegnet er Rittern. Er glaubt zuerst, das müssten Engel sein, denn sie glänzen in ihrer Rüstung so schön. Aber sobald er die Ritter zu Gesicht bekommen hat, ist es um ihn geschehen: Er will Ritter werden – sofort! Seine Mama ist nicht begeistert und staffiert ihn denkbar dämlich aus, damit Parzival ordentlich Prügel bezieht und wieder zu ihr zurückkommt – das klappt aber natürlich nicht.

Codex Manesse, UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 149v: Herr Wolfram von Eschenbach.; CC0 Uni Heidelberg; http://digi.ub.uni-heidelberg.de/

Parzival zieht los, verstrickt sich schon gleich in unmögliche Situationen, kommt aber schließlich bei König Artus an, denn der macht Jungs zu Rittern, so hat man ihm gesagt. König Artus ist ziemlich verdutzt, als dieser Kerl vor ihm auftaucht, aber Parzival wird losgeschickt, um sich mit einem Querulanten vor dem Burgtor herumzuschlagen. Das macht er besser als erwartet und darf seine Rüstung, sein Schwert und sein Pferd behalten. Damit ist für Parzival klar: Er ist Ritter. Dass das nicht ganz so einfach ist, merkt er erst im Laufe der Zeit – er muss richtig reiten, essen, sich benehmen und sogar reden lernen, bis er wirklich Ritter ist.

Dann allerdings hält Parzival nichts und niemand auf, denn Wolfram von Eschenbach erzählt uns, dass er der beste Ritter ist – zwar immer noch ein bisschen naiv, aber das ist ja gar nicht schlecht. Und wer ist jetzt Wolfram von Eschenbach? Ein Dichter, der vor etwa 800 Jahren gelebt hat. Er hat die Geschichte von Parzival aus dem Französischen übersetzt und noch ein bisschen ausgeschmückt. Seine Version war so beliebt, dass sie ganz oft im Mittelalter aufgeschrieben wurde, sodass wir heute viele Handschriften von der Geschichte über Parzival haben. Handschriften aus dem Mittelalter sind teilweise sehr schlecht zu lesen, und viele schreiben auch immer ein bisschen etwas Anderes.

Damit man sich nicht durch den riesigen Wust aus Pergament und Papier quälen muss, wenn man von Parzival lesen will, gibt es Editionen, also Ausgaben, wo eine Version der Geschichte aufgeschrieben wird. (Gerade im Moment macht die Uni Bern in der Schweiz so eine Edition und ich darf mithelfen – klasse!) Denn ich mag Parzival, den etwas doofen Ritter, sehr gerne. Und deshalb erzähle ich euch jetzt, wie es mit ihm weitergeht, denn Parzival hat eine große Aufgabe, aber natürlich keine Ahnung.

Er soll nämlich den Gralskönig erlösen, der schon lange sehr krank ist. Das soll er mit einer Frage tun, nämlich einem einfachen »Wie geht es dir?«, aber das weiß Parzival natürlich nicht und deshalb fragt er taktvoll auch nicht. Am Ende wird er als dumme Gans beschimpft und vor die Tür gesetzt. Das ärgert Parzival ziemlich, und er verbringt viele Jahre, um seinen Fehler wiedergutzumachen. Dabei erfährt er dann auch, was der Gral eigentlich ist, nämlich ein heiliger Gegenstand, einige sagen sogar, ein Kelch, der beim letzten Abendmahl von Jesus benutzt wurde und in dem man das Blut gesammelt hat, als er ans Kreuz geschlagen wurde.

Parzival kämpft sich verzweifelt seinen Weg zurück zur Burg mit dem kranken König – inzwischen weiß er sogar, dass das sein Onkel ist. Und am Ende geht alles gut aus: Parzival fragt und wird der neue Gralskönig.

Wenn ihr jetzt selbst von Parzival lesen wollt, gibt es einen absoluten Klassiker für euch von Auguste Lechner. Ansonsten finde ich noch Parzival to go super – das findet ihr auf Youtube.