Ein ganz besonderer Apfel …

von Andrea Strobl

Ein ganz be-sonderer Apfel …

von Andrea Strobl

Es wird ja nun bald Winter, und da gibt es bei uns in Griechenland eine wunderschöne Frucht, die nennt man Granatapfel. Der wächst an kleinen Bäumen, die es hier überall gibt.

 

Ein richtiger Apfel ist das natürlich nicht, aber er schaut fast wie ein Apfel aus. Bei uns heißt diese Frucht Ródi – so haben die alten Griechen dazu gesagt, also die, die schon vor vielen vielen hundert Jahren hier gelebt haben …

Essen kann man den Granatapfel auch nicht wie einen normalen Apfel, dazu ist er viel zu hart. Man kann ihn nur aufbrechen – so wie eine große Nuss zum Beispiel – oder aufschneiden, wie einen Kürbis etwa. Und wie ihr auf dem Bild sehen könnt, ist die Frucht voller kleiner roter Kerne. Jetzt werdet ihr sagen, wir wollen doch keine Kerne essen! Aber die Granatapfelkerne, müsst ihr wissen, die sind ganz etwas Besonderes und schmecken ganz köstlich, so ein bisschen süß, ein bisschen sauer, wenn man drauf beißt, so richtig frisch eben! Die könnt ihr entweder so essen oder über einen Salat streuen, in euren Joghurt geben, einen Kuchen damit backen oder Marmelade und Sirup daraus machen … das schmeckt alles wirklich richtig lecker!

Orpheus spielt die Leier für Hades und Persephone, aus Orpheus und Eurydike oder Die Metamorphosen, c. 1685; Künstler: Nach einem Entwurf wahrscheinlich von Peter Ykens (1648-1695) und Pieter Spierinckx (1635-1711); CC0 Art Institute Chicago

Und über diese Frucht kann ich euch heute eine schöne Geschichte erzählen: Wie ihr ja vielleicht schon mal gehört habt, hatten die alten Griechen nicht nur einen Gott, sondern ganz viele Götter. Die lebten auf einem ganz hohen Berg, dem Olymp, und waren eigentlich auch nicht viel anders als wir Menschen:  Sie hatten Familien mit Müttern, Vätern und Kindern, Onkel und Tanten, und haben all das gemacht, was wir Menschen auch so machen – ja, sogar gezankt haben sie ab und zu mal. Aber als Götter hatten sie natürlich auch Fähigkeiten, die wir nicht haben, z. B. konnten sie sich ganz leicht verwandeln – in Menschen oder Tiere – oder hatten übermenschliche Kräfte und noch vieles mehr, was für uns Menschen unmöglich ist. Um diese griechischen Götter ranken sich viele Mythen, also so etwas Ähnliches wie Märchen, und eines davon geht so:

Auf dem Olymp lebte ein hübsches, junges Mädchen, das Persephone hieß (oder wie wir in Griechenland sagen: Persefóni – was doch viel schöner klingt, nicht wahr?). Sie war die Tochter des Göttervaters Zeus und der Demeter, der Göttin der Landwirtschaft. Und dann war da auch noch Hades, der Gott der Unterwelt, der sich eines Tages in Persephone verliebte und bei Zeus um ihre Hand anhielt. Der hatte nichts dagegen und gab ihm seine Tochter zur Frau. Persephone aber hatte gar keine Lust, mit Hades in die Unterwelt hinabzusteigen, wo es immer so dunkel und ungemütlich war. Also entführte Hades sie kurzerhand in die Unterwelt. Persephones Mutter war daraufhin so wütend, dass sie auf Erden keine Frucht mehr gedeihen ließ und damit Hunger und Elend über die Menschen brachte.

 

Zeus und die restlichen olympischen Götter versuchten, Demeter zum Umdenken zu bewegen, aber die wollte ihren Fluch erst aufheben, wenn Persephone wieder aus der Unterwelt zurückkäme. So schickte Zeus schließlich den Götterboten Hermes in die Unterwelt, um Persephone zu holen. Grimmig willigte Hades ein, gab Persephone aber heimlich noch vier Granatapfelkerne zu essen. Als Demeter davon erfuhr, wurde ihr klar, dass sie ihre Tochter nicht für immer auf dem Olymp würde halten können, denn niemand, der von dieser besonderen Frucht aß, konnte lange auf Erden verweilen.

Da schlug Zeus vor, Persephone solle in den vier Wintermonaten (so viele Monate, wie sie Granatapfelkerne gegessen hatte) bei ihrem Mann in der Unterwelt bleiben und die restlichen Monate bei den olympischen Göttern. Damit waren schließlich alle einverstanden. Demeter ließ Bäume und Pflanzen wieder gedeihen, und die Not der Menschen hatte ein Ende.

 

Jetzt wisst ihr also, was es mit den Granatapfelkernen auf sich hat. Und Persephone, die Jahr um Jahr nach den kalten Wintermonaten in der Unterwelt wieder auf den Olymp zurückkehren durfte, galt fortan als Göttin des Frühlings und der wieder aufblühenden Natur …

Granatäpfel